Das Denken ist wie ein Schatten, der dir folgt, wohin du auch gehst.
Aber wenn du den Schatten nicht erkennst, wirst du ihn für die Realität halten.
Hinterfrage dein Denken und erkenne die Wahrheit hinter den Illusionen.

Shunryu Suzuki

Also nicht die Welt ist eine Illusion, sondern mein (hoffentlich!) bisheriges Denken. Es gibt zwei Wege, um die Illusionen zu erkennen: Das eine ist der Weg des Ch’an, meisterhaft gezeigt von Nāgārjuna, der Weg der konsequenten Verifikation und der eigenen Erkenntnis (nicht der Selbsterkenntnis!). Der andere Weg ist der des Wissens, aber nicht der Konzepte! Die Welt ist definitiv keine Illusion, doch das gewöhnliche Denken ist es!

Im üblichen Verständnis ist Illusion eine falsche Wahrnehmung oder Vorstellung, die von der Realität abweicht. Hier geht es jedoch nicht um die Wahrnehmung, sondern um die Vorstellung, da es sich um eine falsche Interpretation von Informationen handelt. Verantwortlich sind dafür innere Faktoren wie Erwartungen, Vorurteile oder Emotionen. Illusionen führen dazu, dass wir Dinge anders interpretieren, als sie tatsächlich sind, und beeinflussen Verhalten wie Entscheidungen.

Ch’an macht keinen Unterschied zwischen den verschiedenen Objekten, die Quantenmechanik scheinbar schon. Bisher ging man von Kohärenz nur bei mikroskopischen Objekten aus, doch die Wissenschaft hat mittlerweile erkannt, dass dies nicht zutrifft. Denn die Quantenmechanik gilt auch für größere Objekte, aber es ist schwierig, sie auf makroskopische Systeme anzuwenden, da die Wechselwirkungen zwischen den Teilchen in diesen Systemen sehr, sehr komplex sind. Also unmöglich nachzuvollziehen – doch man kann als Tatsache sehr wohl davon ausgehen!

Was ich sehe, wird in dem Moment, in dem ich es sehe, dekohärent, um gleich danach wieder in die Leere der Kohärenz einzutauchen, das weite Feld des Möglichen – es sei denn, ich halte einen Gedanken oder eine Überlegung fest. Dabei gibt es eine faszinierende Gemeinsamkeit zwischen der Leere (ohne „h“) des Ch’an und der Kohärenz in der Quantenmechanik. Beide Konzepte beziehen sich auf die Idee, dass die Realität nicht so fest und unveränderlich ist, wie es auf den ersten Blick scheint.

Im Verständnis des Ch’an wird die Welt als eine Illusion betrachtet, die durch Wahrnehmung und Denken entsteht. In der Quantenmechanik wird die Welt als eine Ansammlung von Wahrscheinlichkeiten betrachtet, die durch die Interaktion von Teilchen und Wellenfunktionen entstehen.

Beide Konzepte betonen die Bedeutung des Bewusstseins und der Wahrnehmung bei der Schaffung der Realität. Im Ch’an wird betont, dass unser Denken und unsere Wahrnehmung die Welt um uns herum beeinflussen und formen. In der Quantenmechanik wird betont, dass die Messung eines Teilchens seine Eigenschaften und seinen Zustand verändert, was darauf hinweist, dass unser Bewusstsein eine Rolle bei der Schaffung der Realität spielt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Leere des Ch’an und die Kohärenz in der Quantenmechanik beide darauf hin weisen, dass die Realität nicht so fest und unveränderlich ist, wie es auf den ersten Blick scheint, und dass unser Bewusstsein und unsere Wahrnehmung eine wichtige Rolle bei der Schaffung der Realität spielen.

Aber: Zu wissen, dass man sich von der Wirklichkeit ein Modell macht, heißt, ohne Umschweife etwas über die Wirklichkeit zu wissen.