Dass es nichts zu erreichen gibt
sind keine leeren Worte, sondern
die allerhöchste Wahrheit.

Huang Po

Die Konsequenz aus all diesen Gedanken ist keine „technische“ Lösung, sondern das sind mystische Fragen, die sich jedem Menschen irgendwann stellen, spätestens dann, wenn er sich mit der eigenen Endlichkeit konfrontiert sieht. Die „technischen“ Details helfen mir nur zu klären, wo ich feststecke und was letztlich verhindert, dass ich mir die existenziellen, mystischen Fragen stellen kann.

Den Weg des Mystikers und Ch’an-Praktizierenden zu gehen heißt letztlich Antworten auf die grundsätzlichen Fragen zu suchen, denen wir im Leben immer wieder begegnen. Habe ich Antworten auf diese Fragen gefunden, dann bin ich vielleicht im Leben angekommen.

Die Frage nach dem Tod 

Ch’an betrachtet den Tod als Teil des natürlichen Kreislaufs des Lebens. Im Ch’an wird der Tod als eine Gelegenheit betrachtet, um das Leben zu schätzen und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.

Der Tod wird als eine Chance betrachtet, um das Ego loszulassen und sich auf die spirituelle Entwicklung zu konzentrieren und um das Leben in seiner Gesamtheit zu verstehen und zu schätzen.

Um der Angst vor dem Tod auszuweichen, suchen viele Menschen entweder besonders und überlegen zu sein, so wie jemand, der »die Dinge unter Kontrolle hat«, oder aber sie sehnen sich nach dem großen Retter, der ihnen Erlösung verspricht.. Wollen wir der Angst vor dem Tod wahrhaftig begegnen, müssen wir unsere Vorstellungen von uns selbst und vom Leben hinter uns lassen, damit das Leben selbst immer mehr Raum in uns gewinnen kann.

Die Frage nach der Freiheit 

Die Menschen sehnen sich nach Freiheit und haben doch Angst vor ihr. Wer aber das Leben unmittelbar erfährt, erfährt Freiheit. Er wird frei von der Abhängigkeit von anderen Menschen, von ihren Urteilen und von ihren Erwartungen genauso wie er frei wird von der Bedeutung dessen, was ihm in seinem Leben begegnet. Den Weg der Bewusstheit und der inneren Stille zu gehen bedeutet ein Leben in der inneren Freiheit des Denkens und Fühlens. Wer so lebt, der hat es nicht nötig seine Gedanken und Ansichten zu beweisen oder sie durch Erklärungen zu rechtfertigen.

Die wahre Freiheit liegt darin, das zu tun, was dieser Moment jetzt von uns verlangt und was wir uns selbst und der Situation schulden. Es geht nicht darum, etwas zu meistern, sondern alleine darum, das zu tun, was zu tun ist. Das Leben ist das Gewöhnliche, und wer sich auf das Gewöhnliche einlässt, ohne etwas Besonderes sein zu wollen, ohne sich über andere zu stellen, der ist wahrhaft frei.

Die Frage nach der Einheit 

Es gibt zwei Arten von Einsamkeit. Die eine ist die äußere, die interpersonale, die andere ist die innere, die intrapersonale Isolation, die Unfähigkeit, die sich scheinbar widersprechenden Aspekte der eigenen Persönlichkeit in Beziehung zueinander zu bringen. Der Weg der Mystik und des Zen ist der Weg der Erfahrung des Einsseins mit anderen Menschen, eine Erfahrung, die auf dem Bewusstsein und dem Erleben der Einheit der psychischen Einheit basiert. Wer die Einheit mit dem Leben selbst erfährt, erfährt sich mit sich selbst und mit anderen in Einklang, ohne die Polarität zu negieren, die jeglicher Dynamik und damit dem Leben selbst zugrunde liegt,

Die Frage nach dem Sinn 

Der Weg der Mystik und des Zen zeigt uns einen Sinn, der über das eigene Leben hinausweist. Dieser Weg besteht nicht darin, etwas Besonderes zu erreichen, sondern alleine darin, das Leben unmittelbar erfahren zu wollen. Das Leben selbst zu erfahren ist der eigentliche Sinn unseres Lebens.

Wer den Grund des Lebens selbst erfahren hat, der sucht keinen Sinn mehr im Leben, was nicht bedeutet, dass sein alltägliches Handeln ohne Sinn und nicht getragen wäre. Denn stets geht es vor allem auch darum, die Erfahrung des Einsseins, der Wahrhaftigkeit und des ursprünglichen Wesens im alltäglichen Leben zum Ausdruck zu bringen.